Wo kann man Mitte November noch im Sonnenschein bei 14°C Rennrad fahren?
In Südtirol! Zugegeben, es war mit Sicherheit die letzte warme Woche des Jahres und 14°C war es auch nur mittags auf dem Bozener Waltherplatz. Auch waren die Südtiroler so geschäftig dabei, Hotels und Straßen zu reparieren, dass ich das Gefühl hatte, der letzte Rennradgast des Jahres zu sein (nach mir die vier Wochen später beginnenden Skisaison). Aber hätten noch mehr gewusst, wie golden die dritte Novemberwoche sein würde, wäre das hier kein Geheimtipp geblieben.
Da es ein Geheimtipp war, hatte ich auf vier Touren zwischen 120 und 140 km, zwischen 1700 und 3000 Höhenmetern die zumeist samtglatt asphaltierten Straßen für mich allein:
- Aus Bozen hinauf zum wilden Penser Joch und auf dem Eisenbahn-Radweg durchs Wipp- und Eisacktal zurück.
- Aus Bozen über die malerischen und steilen Wiesen der Salten-Hochfläche nach Meran, von dort durch die abgeernteten Weinberge der Südtiroler Weinstraße und den Kalterer See nach Auer und zurück über den Etschradweg.
- Aus Bozen über den Balkon von Seis und Kastelruth hinüber ins Grödnertal und von dort die verschlungene Straße hinauf aufs Sellajoch. In Eiseskälte hinab ins Fassatal, von dort zurück rund herum um den abends rot leuchtenden Rosengarten über Karer- und Nigerpass sowie in das aussichtsreiche Tierser Tal hinein.
- Und schließlich zum Abschluss von Bozen über den Gampenpass ins weitläufige Val di Non und zurück durch die winterlich ruhenden Apfelplantagen entlang des Etschradwegs nach Bozen.
Von gern gehörten Nahtoderfahrungen mit überholenden Autos oder Motorrädern in engen Kurven kann ich dem boulevardest interessierten Leser leider nichts berichten, weil Fahrer und Gefährte zu Hause geblieben waren, um sich auf die ersten Ausfahrten des nächsten Frühjahrs vorzubereiten.
Bilanz: In vier Tagen nur eine Handvoll andere Rennradfahrer getroffen und dank vielseitiger Straßen und großer Ausblicke doch keine Langeweile gespürt. Wo ich im Sommer angehalten hätte, um mich mit eiskalter Limonade zu erfrischen, habe ich diesmal einen Espresso am Kamin genommen. Die herbstlich rot gefärbte Landschaft und die leeren Straßen waren das Zittern wert!
Wer die Routen und Höhenprofile nutzen möchte, kann sie von den Radsportfreunden erhalten.
Stefan